Mein Weg nach Hause – Geschichte eines Jaguars

Als ich auf den Vorplatz bei Vosswerk fuhr, ( einfach transportiert auf einem sehr unbequemen Hänger :)) ), wusste ich, hier würde ich nie mehr weggehen … Doch wie es dazu kam, diese wundervolle Geschichte erzählt Euch meine neue Besitzerin, Christiane Kregel-Kähler. Ihr und ihrem Mann, Dieter Voß , bin ich sehr dankbar, dass mein Leben jetzt so ist, wie es ist.

Hallo, mein Name ist Christiane Kregel-Kähler. An dem Tag im Oktober 2012, als dieser wundervolle Jaguar bei uns in der Firma Vosswerk auf den Vorplatz gefahren wurde, wusste ich intuitiv, dieser Traum von einem Oldtimer würde uns nie mehr verlassen… … Das Nächste, was ich einige Tage später erfuhr war, dass der Jaguar einen schlecht reparierten, leichten Unfallschaden hatte. Dieses erzählte mir, sehr verwundert, mein Mann Dieter. Das Fahrzeug war zur Durchsicht hier und um alle technischen Mängel zu beseitigen, Flüssigkeiten auszutauschen und ihn für die Tüvabnahme vorzubereiten.

Ein Freund der Besitzer-Familie hatte den Oldtimer zu uns gebracht, uns erzählt, dass er 37 Jahre alt ist, die letzten 17 Jahre in einer privaten Tiefgarage in Blankenese gestanden hatte, originale 4330 km gefahren worden war, und nun verkauft werden sollte. Dafür musste er überholt und fahrbereit gemacht werden. Eine eventuelle Reparaturliste sollten wir ihm bitte mailen.

Dieses taten wir, unter anderem eben auch die Reparaturliste für den instand zusetzenden Unfall… Und dann kam am nächsten Tag der Anruf, mit dem wir am wenigsten gerechnet hatten. Der Freund der Familie rief uns an, um uns mitzuteilen, dass die Besitzer völlig fassungslos wären, denn der Jaguar könne keinen Unfall gehabt haben! Er hätte die ganze Zeit in der Garage gestanden und wäre nur ab und zu an sonnigen Tagen von dem inzwischen verstorbenen Vater und der Mutter bewegt worden.

Nun passierten zur gleichen Zeit zwei Dinge:

…Mein Mann zeigte mir den Unfallschaden und selbst ich als Laie erkannte die schlechte Lackierung, Spaltmaße, die nicht mehr zusammenpassten und eine schiefe Kofferraumklappe. Dieser Jaguar musste einen Unfall gehabt haben.

…Und an einem anderen Ort in Blankenese saß eine fassungslose Familie, die überzeugt war, dass Vosswerk sie betrügen wollte. Von einem Unfall wusste dort niemand etwas, das konnte einfach nicht sein!

Am nächsten Tag rief mich die Tochter der Familie an, um mir mitzuteilen, dass ihre Mutter den Wagen nun doch nicht mehr verkaufen wolle und, dass er in den nächsten Tagen abgeholt werden würde. Ich ahnte ihre Beweggründe, denn wenn ich mit meinem Jaguar nur zum „Auffrischen“ in eine Oldtimerwerkstatt fahren würde und die mir dann von einem angeblichen Unfallschaden berichten würden, von dem ich nichts wusste, der somit also nicht sein konnte, würde ich zu dem gleichen Ergebnis kommen: Betrug! Meine inneren Alarmglocken würden auf Hochtouren laufen und ich würde ganz schnell zusehen, dass ich mein Fahrzeug dort abholen lasse…

Wir führten ein ziemlich langes Telefonat. Sie erzählte mir, dass der Wagen ein Geburtstagsgeschenk ihres Vaters an ihre Mutter gewesen war. Der Mama war er aber zu groß und sie hatte Angst, damit zu fahren. So kam es dann dazu, das der Jaguar nur äußerst selten bewegt wurde und die meiste Zeit in der Garage stand. Alle zwei Jahre wurde er von einem Bekannten in eine Werkstatt gefahren, um nach einer Inspektion Tüv für die nächsten zwei Jahre zu erhalten. Danach stellte der Bekannte ihn wieder auf seinen Platz in der Tiefgarage.

In den letzten 17 Jahren ist er gar nicht mehr bewegt worden und alle waren fassungslos über diesen angeblichen Unfall.

Nach intensiver Suche wurden dann doch Unterlagen gefunden, aus denen eine sehr große Reparatur im Jahre 1978, also ein Jahr nach Erstzulassung des Jaguars, hervorgingen. Es musste etwas an dem Oldtimer repariert worden sein, was nicht unter die noch gültige zweijährige Garantie fiel. Vielleicht genau dieser Unfall…!?

Ich konnte so gut verstehen, wie die Familie sich fühlte. Es tat mir wirklich sehr leid für alle…. Einige Tage später, überzeugten sich die Geschwister dann von den Spuren dieses „mysteriösen“ Unfalls. Familie O. bestellte einen Gutachter, der einen Unfall bestätigte und ein Schadensgutachten erstellte.

Ich weiß, dass mein Mann diesen Oldtimer, einen Jaguar XJ6 L über alles liebt. Vor 10Jahren hatte er schon einmal ein solches Fahrzeug, welches er komplett restaurierte und dann aber an einen sehr interessierten Käufer aus Süddeutschland wieder verkaufte. Ich glaube, das hat er bis heute sehr bereut. Als jetzt feststand, dass der Jaguar trotzdem verkauft werden sollte, nahm ich nochmals, ohne das Wissen meines Mannes, Kontakt zu den Besitzern auf. Ich erzählte ihnen von der Liebe meines Mannes zu diesen Oldtimern und bat sie, mir den Wagen zu verkaufen, damit er zu Weihnachten DIE Überraschung für ihn werden könne.

Gesagt, getan: Ich traf mich mit der Mama und nachdem wir den Kaufvertrag unterschrieben hatten, übergaben wir einander den Kaufpreis und die Zulassungs-Papiere.

Das, was nur in meinem tiefsten Unterbewusstsein vorhanden gewesen war, wurde nun Wirklichkeit. Dieser wundervolle, einzigartige Jaguar, dazu noch mit einer so geheimnisvollen Geschichte, würde uns nie mehr verlassen. Und ich war so dankbar dafür, diesen Wagen bekommen zu haben ….

Nun wurde es noch einmal sehr spannend: mein Mann durfte nichts von diesem Kauf erfahren und doch sollte der Wagen ja bis zum 24.12.2012 fahrbereit sein, damit er ihn an Weihnachten dann auch wirklich fahren konnte! Alle spielten wunderbar mit….

Die Familie rief Dieter an, teilte ihm mit, der Wagen sei jetzt an einen Freund verkauft und dieser wolle gerne, dass Vosswerk ihn noch technisch reparieren solle, damit er ihn kurz vor Weihnachten abholen, ihn durch den Tüv bringen und ihn dann seiner Frau zu Weihnachten schenken könne… Mein Mann war darüber so enttäuscht, dass er von diesem Moment an anfing, sich den Wagen schlecht zu reden, und dass er sehr froh sei, dass er ihn nicht gekauft hätte. Er tat mir so leid und mehr als einmal war ich in dieser Zeit sehr unsicher, ob ich wirklich so einen Schatz gekauft hatte. Nach den selbst gefertigten Aussagen meines enttäuschten Mannes, der wirklich alles gab, um dieses Auto vor sich selber schlecht zu reden, war das nämlich nicht der Fall!

Unser Tüvprüfer nahm heimlich Tüv ab und stellte mir eine Bescheinigung über eine H-Zulassung aus. Genauso heimlich arbeiteten unser Versicherungsmakler und ich zwecks IVB-Nr. und Oldtimerversicherung zusammen und alle, auch meine 6 Kinder, die als einzige noch davon wussten, hielten sich konsequent an das Sprichwort :

Reden ist silber,
Schweigen ist Gold !

…Ich habe am 25.12. Geburtstag und mein Mann seit 20 Jahren die Eigenschaft, sein Geburtstagsgeschenk für mich am 24.12. vormittags zu besorgen. Das war sicher und so planten wir, den Wagen „angeblich“ am 24.12. vormittags abholen zu lassen. Als er an diesem Tag morgens losfuhr, brachte ich den Jaguar zu unseren Nachbarn auf den Hof und rief dann meinen Mann an um ihn mitzuteilen, dass das „gute Stück“ jetzt gerade abgeholt worden sei. Die nächste Enttäuschung für ihn, denn: er wollte bei der Übergabe dabei sein. Er tat mir jetzt schon wirklich leid und ich war froh, dass mein Mann heute Abend die Überraschung erleben würde.

Wir feierten Weihnachten bei meiner Mutter. Unter einem Vorwand blieben meine Tochter Hanna und ich noch zuhause und mein Mann fuhr mit den anderen Kindern schon mal vor. Wir wollten dann mit dem Firmenwagen zeitig nachkommen. Auf dem Weg zum Jaguar und dann zu meiner Mutter, drehte Hanna mit einer Minikamera ein Video und wir nutzten die 30 minütige Fahrzeit dafür, die Geschichte dieses Oldtimers für ihn auf Video zu verewigen.

Die Augen meines Mannes und seine Fassungslosigkeit, als er nach der Bescherung unter einem Vorwand von unserem Sohn Timm in den Garten gelockt wurde und dort seinen Jaguar sah, werde ich nie vergessen.

Ich glaube, noch niemals in seinem Leben hat er sich so gefreut und war so berührt wie in diesem Moment. Allein das war für die Kinder und mich das schönste und wundervollste Geschenk zu Weihnachten, diese tiefe, tiefe Freude über seinen Jaguar zu sehen.

Heute gehört der Wagen ganz fest zu unserer Familie und wir lieben ihn sehr. Den Tachostand von 4330 km gibt es schon lange nicht mehr, dafür aber viele Geschichten über tolle Touren mit dem Jaguar und meinem Mann und unserem Sohn Timm.

Familie O. und ich sind mittlerweile sehr miteinander verbunden und ich bin so dankbar dafür, dass ich diese wundervolle Familie kennen lernen durfte.

Danke dafür !